23.04.2013 22:59:58

Badische Neueste Nachrichten: Linke ohne Lafontaine

Karlsruhe (ots) - Eine gewisse Erleichterung ist unüberhörbar. Vor allem im ostdeutschen Teil der Linkspartei, der früheren PDS, die in den fünf neuen Ländern und Berlin gut und gerne zehnmal so viele Mitglieder hat wie die elf Landesverbände im Westen und in Brandenburg sogar Regierungspartei ist. Dass Oskar Lafontaine im September nicht für den Bundestag kandidiert und sich somit endgültig von der Bühne der Bundespolitik verabschiedet, haben die "Realos" aus dem Osten mit einer spürbaren Genugtuung zur Kenntnis genommen. Ihnen war die Dominanz des Saarländers, der nach der Fusion von westdeutscher WASG und ostdeutscher PDS seine Linkspartei auf einen strikten Oppositionskurs trimmte und in einem internen Machtkampf die Reformer um Ex-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch ins Abseits stellte, schon immer ein Dorn im Auge. Sie begrüßen denn auch seine Entscheidung, auch wenn sie ihre Freude diplomatisch elegant verkleiden. Dagegen hätten die Mitglieder aus dem Westen den begnadeten Rhetoriker gerne noch einmal als Wahlkampflokomotive gesehen. Von dem Verzicht Lafontaines profitiert zunächst vor allem einer - Gregor Gysi. Schon seit längerem gilt das Verhältnis zwischen dem Fraktionschef im Bundestag und dem früheren Parteichef als zerrüttet. Gysi, der selbst dem Lager der ostdeutschen Reformer angehört, hatte selbst unter der Dominanz Lafontaines gelitten. So konnte Gysi auch die Demontage von Bartsch nicht verhindern. Nun spricht alles dafür, dass der mittlerweile 65-jährige Berliner als alleiniger Spitzenkandidat die Linke in den Bundestagswahlkampf führen wird. Aber schon nach der Wahl könnten sich die Gewichte in der Fraktion zu Lasten Gysis verändern. Nicht wenige Beobachter sehen in Lafontaines Verzicht einen geschickten Schachzug, um die Position seiner Lebensgefährtin Sahra Wagenknecht zu stärken.

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