19.03.2013 20:40:31

Angebote für Amerika-Werke von ThyssenKrupp weit unter Buchwert - Kreise

   Von Eyk Henning und Hendrik Varnholt

   Der ThyssenKrupp-Konzern kann seine Stahlwerke in Brasilien und den USA offenbar nur zu einem Preis deutlich unter dem Buchwert verkaufen: Wie zwei mit der Transaktion vertraute Personen dem Wall Street Journal Deutschland am Dienstag berichteten, liegen die finalen Angebote im Bieterverfahren um ThyssenKrupps amerikanische Stahlsparte weit niedriger als von dem Stahl- und Technologiekonzern erwartet. Die Insider sagten, es sei ein Abschluss des Verkaufs frühestens im April möglich. ThyssenKrupp hatte die amerikanischen Werke im Mai des vergangenen Jahres zum Verkauf gestellt.

   Wie die informierten Personen berichteten, hat der brasilianische Stahlhersteller CSN ein endgültiges Gebot in Höhe von rund 3,8 Milliarden US-Dollar für beide Werke abgegeben, umgerechnet 2,9 Milliarden Euro. Der luxemburgische Konkurrent ArcelorMittal habe gemeinsam mit Nippon Steel aus Japan rund 2 Milliarden Dollar für das Werk in Alabama geboten, sagten die Insider weiter. ThyssenKrupp hatte erst im vergangenen Jahr weitere 3,6 Milliarden Euro auf den Wert der Werke in Brasilien und dem US-Staat Alabama abgeschrieben. Die Anlagen, für die ThyssenKrupp inklusive Hochlaufkosten bislang rund 12 Milliarden Euro ausgegeben hat, stehen bei dem Konzern seitdem noch mit 3,9 Milliarden Euro in den Büchern. Beim Bau der Werke war der Konzern auf technische Schwierigkeiten gestoßen. Es änderten sich zudem die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

   CSN sowie das Konsortium aus ArcelorMittal und Nippon Steel gelten als die aussichtsreichsten Bieter, wie mit der Angelegenheit vertraute Personen dem Wall Street Journal Deutschland schon früher berichtet hatten. Ein Sprecher von ArcelorMittal war zunächst nicht zu erreichen. Der Finanzvorstand des Unternehmens, Aditya Mittal, hatte aber erst am vergangenen Freitag das Interesse seines Konzerns an ThyssenKrupps US-Werk bekräftigt. ArcelorMittal hatte zu Beginn dieses Jahres sein Kapital erhöht und Anleihen ausgegeben, um Investitionen zu finanzieren. CSN könnte von der brasilianischen Entwicklungsbank BNDES bis zu rund 2 Milliarden US-Dollar als Unterstützung für die Übernahme der ThyssenKrupp-Werke erhalten, hatte die brasilianische Zeitung Valor Economico in der vergangenen Woche berichtet. Sprecher von CSN und der Bank BNDES gaben keinen Kommentar ab.

   Auch ein Sprecher von ThyssenKrupp kommentierte die Informationen nicht. Er sagte, der Verkaufsprozess laufe planmäßig. Der Konzern sei weiterhin zuversichtlich, bis Ende September eine Lösung für die amerikanische Stahlsparte gefunden zu haben.

   Angesichts der Angebote dürfte ThyssenKrupp aber erneut zu erheblichen Abschreibungen von rund einer Milliarde Euro auf die amerikanischen Stahlwerke gezwungen sein. In der Folge könnte ThyssenKrupp neue Aktien ausgeben: Die Abschreibungen könnte der hoch verschuldete Konzern als Anlass für eine Kapitalerhöhung betrachten, sagten die Insider. Über Überlegungen zu einer Kapitalerhöhung in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro hatte am Dienstag auch das Handelsblatt berichtet. Der Kurs der ThyssenKrupp-Aktie fiel daraufhin um zunächst mehr als sechs Prozent.

   Analysten haben sich bereits wenig überrascht von den Spekulationen über die Ausgabe neuer Aktien gezeigt. Wegen der gesunkenen Eigenkapitalquote sei eine Kapitalerhöhung bei ThyssenKrupp notwendig, sagte Heino Ruland von Ruland Research. Ende Dezember hatte das Eigenkapital des Konzerns nur noch einen Anteil an der Bilanzsumme von 11,4 Prozent. Stefan Freudenreich von equinet sagte, zusätzlich zu einer möglichen Abschreibung auf die Stahlwerke in Amerika müsse der Konzern womöglich einen grob dreistelligen Millionenbetrag an Schadensersatz wegen ThyssenKrupps Beteiligung an Preisabsprachen auf dem Schienenmarkt schultern. "Da muss man handeln, damit der Konzern beim Eigenkapital nicht einstellig wird."

   Bislang galt eine Kapitalerhöhung bei ThyssenKrupp allerdings als praktisch ausgeschlossen: Ein solcher Schritt würde der Krupp-Stiftung ihre Sperrminorität von derzeit 25,33 Prozent nehmen. Die Stiftung sieht es als ihre Aufgabe an, den Erhalt des ThyssenKrupp-Konzerns zu sichern. Ihre Sperrminorität gilt bislang als ein gewisser Schutz gegen eine feindliche Übernahme des Unternehmens. Der 99 Jahre alte Stiftungschef Berthold Beitz hat sich jüngst aber offen für Veränderungen gezeigt. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagte er: "Ich werde mich keinem Schritt verweigern, der zum Wohle der Firma ist."

   ThyssenKrupp hat vor allem wegen der Abschreibungen auf die amerikanischen Werke im vergangenen Geschäftsjahr einen Verlust von 5 Milliarden Euro geschrieben.

   Gleichwohl haben außer den favorisierten Bietern weitere Unternehmen Interesse an den Werken in Brasilien und den USA angemeldet: Unter den Interessenten sind nach Angaben der informierten Personen der argentinische Stahlkonzern Ternium, der demnach ein vergleichsweise niedriges Angebot für ThyssenKrupps 73-Prozent-Anteil an dem Werk in Brasilien abgegeben hat, und der US-Konkurrent Nucor, der ein wenig attraktives Gebot für die Anlagen in Alabama einreichte. Weitere Interessenten für das US-Werk sind den Insidern zufolge JFE Steel aus Japan und US Steel. Ein Sprecher von US Steel lehnte einen Kommentar ab. Vertreter von Nucor, JFE und Ternium waren zunächst nicht zu erreichen.

   Kontakt zu den Autoren: eyk.henning@dowjones.com und hendrik.varnholt@dowjones.com

   Mitarbeit: Jan Hromadko, Alex MacDonald und Matthew Day

   DJN/DJG/eyh/hev/jhe

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   March 19, 2013 14:13 ET (18:13 GMT)

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