13.11.2013 20:00:11

Allg. Zeitung Mainz: Am Ende eine Chance / Kommentar zu Wulff

Mainz (ots) - Als junger Mann hat Christian Wulff seine kranke Mutter gepflegt, während seine Kumpels feierten. Natürlich macht das alleine aus ihm noch keinen guten Menschen. Und natürlich kann das nicht entschuldigen, was fürchterlich falsch gelaufen ist in der Amtszeit des Bundespräsidenten Wulff, der böse Fehler begangen hat, für die er geradestehen muss. Aber es kann manches erklären. Da wurde einer wahrlich nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren, darin Gerhard Schröder nicht unähnlich, freilich nicht mit dessen Straßenkämpferqualitäten ausgestattet. Wulff hat sich hochgearbeitet, mit viel Fleiß, Verstand und auch mit einer tüchtigen Portion Machtbewusstsein. Als er dann ganz oben war, war er einerseits glücklich, aber auch schon argwöhnisch, nervös und - zornig. Das hatte Gründe. Symptomatisch seine Wahl zum Präsidenten. Die meisten Medien und überhaupt die meisten Menschen, so Wulffs nicht falscher Eindruck, hätten schon 2010 lieber Gauck gehabt. So was macht verbittert - und womöglich anfällig für Gelegenheiten, zu kompensieren, durch Glamour, Schmeichler, Freunde, darunter manchmal falsche. Anfällig vielleicht auch für eine Frau wie Bettina Wulff. Das Bussi-Bussi-Gewimmel hat ein Ende In der Anklage gegen Wulff geht es nun um 719,40 Euro, inklusive Mehrwertsteuer. Lächerlich? Nein, nicht im Kern. Denn es gelten in Deutschland, und das ist sehr gut so, keine Berlusconi-Regeln. Entscheidend ist vielmehr der Maßstab, den das niedersächsische Ministergesetz in brillanter Weise so formuliert: Zu vermeiden ist "jeder Anschein der Empfänglichkeit für private Vorteile". Hart, aber gerecht - das bewahrt uns vor Berlusconi-Zuständen. Und Wulff, gelernter Anwalt, musste wissen, worauf er sich einlässt. Sein Fall ist geprägt durch eine Anhäufung von unglücklichen, teils schicksalhaft dummen Verkettungen, nicht minder aber von menschlichen Schwächen und schlimmen Fehlern, nicht ausschließlich, aber eben auch begangen von Christian Wulff. Er hat dafür schon jetzt einen sehr hohen Preis gezahlt. Mitleid allerdings ist nicht am Platze, da geht es anderen unverdient viel schlechter. Es ist gut und richtig, dass dieser Prozess stattfindet, denn:Nichts darf unter den Teppich gekehrt werden - dieser Maßstab hat überragende Priorität. Der Prozess ist auch eine Chance, nicht zuletzt für Wulff selbst, weil das ganze Gewimmel von Bussi-Bussi, Einladungen und "Freunden" ein Ende gefunden hat. Zumindest in diesem einen Fall. Dass andere sich das zur Warnung gereichen lassen, ist aber leider nicht zu erwarten.

OTS: Allgemeine Zeitung Mainz newsroom: http://www.presseportal.de/pm/65597 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_65597.rss2

Pressekontakt: Allgemeine Zeitung Mainz Florian Giezewski Regionalmanager Telefon: 06131/485817 desk-zentral@vrm.de

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!